Was für ein Schultag! Den bundesweiten Vorlesetag gibt es seit nunmehr 14 Jahren. Er soll an die große Bedeutung des Vorlesens erinnern, einem wertvollen Traditionsgut. Joshua Reinholz aus der 11. Jahrgangsstufe, der die Veranstaltung, die in der Mensa des Bodensee-Gymnasiums stattfand, gekonnt moderierte, verwies eingangs darauf, dass der Hörsinn einer der ersten der fünf Sinne sei, den der Mensch in seiner Entwicklung bereits im Mutterleib ausbilde. Über das Gehör würden Gefühle und Empfindungen entwickelt, verstärkt und begünstigt. Das Vorlesen rege die Phantasie des Zuhörenden auf einzigartige Weise an.
Dass Edward König, der Schulleiter des Bodensee-Gymnasiums, als Vorleser gewonnen werden konnte, erwies sich als ein ausgesprochener Glücksfall. Doch bevor es ans Vorlesen ging, stellte er sich den Fragen zweier Schüler, Clara Pentelescu und Paul Deininger. Auf die Frage nach seinem Lieblingsbuch erzählte der Schulleiter, dass er kein Lieblingsbuch habe. Sehr beeindruckt habe ihn dennoch vor einigen Jahren „Schlafes Bruder“, einem bewegenden Entwicklungsroman des österreichischen Autors Robert Schneider. Die Lektüre habe ihn so gefesselt, dass er das Buch während einer Nacht nahezu verschlungen habe. Als Kind, so König, hätten ihn eher Comics interessiert: Micky Maus und Fix und Foxi, wie sie damals hießen. Auf die Frage, wie man denn ein guter Vorleser werde, meinte König, dass man versuchen müsse, seine Gefühle sprechen zu lassen. Ob das Leseverhalten sich ändere, wenn man erwachsen sei, wollten die Schüler wissen. Dies sei nicht so, denn auch ein Erwachsener könne durchaus in die phantastische Welt der Buchstaben abtauchen, wenn ihn ein Buch fessele, so König.
Vorgelesen wurde aus Christine Nöstlingers wunderbarem Kinder-und Familienroman „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“, für den die Autorin den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten hat. Darin erzählt der zwölfjährige Wolfgang Hogelmann, wie am Ostersonntag plötzlich der gurkenförmige König Kumi-Ori auftaucht, den die Untertanen aus seinem Kellerreich vertrieben haben. Der Gurkenkönig bringt das Familienleben der Hogelmanns völlig durcheinander, denn er entpuppt sich als egoistischer Tyrann voller dumm dreister Ansprüche und Forderungen.
Trotz der anregenden Lektüre fiel es einigen Schülerinnen und Schülern doch sichtlich schwer, sich darauf einzulassen und eine halbe Stunde lang aufmerksam und konzentriert zuzuhören. Viele jedoch lauschten gespannt den urkomischen Geschehnissen rund um den Gurkenkönig, denen Edward König durch seine einfühlsame und ausdrucksstarke Lesart einen besonderen Reiz verlieh.
Irene Heß