Klappentext
Eine Mörderin legt ein Geständnis ab. Schon als Teenager bringt Jane Charlotte den Hausmeister ihrer Schule, den sie für einen Kindermörder hält, zur Strecke. Nun behauptet sie, einer Geheimorganisation anzugehören, die das Böse bekämpft. Doch je länger das Verhör in der psychiatrischen Abteilung eines Gefängnisses in Las Vegas dauert, desto widersprüchlicher und verstörender werden ihre Aussagen. Der Psychiater, der Jane befragt, scheint unheimlich viel von ihr zu wissen, von ihr und von ihrem kleinen Bruder, der als Kind entführt worden ist – doch stimmt das alles überhaupt? Matt Ruff erzählt in atemberaubendem Tempo einen Roman voll komischer, phantastischer, gruseliger und spannender Elemente. Wer an Philip K. Dick, Pynchon, Comics jeglicher Art und Matrix-Filme denkt, liegt nicht falsch.
Wahrheit oder Hirngespinste?
Matt Ruffs Roman Bad Monkeys lässt den Leser in eine Welt eintauchen, in der er sich nur schwer zurechtfinden kann. Jane Charlotte berichtet in einer Gefängniszelle einem Psychiater von ihrem chaotischen Leben voller Drogen, Gewalttaten und Verrat, wobei sie stets von „der Bande“ und „der Organisation“ in ihren Entscheidungen beeinflusst wird. Doch wer steckt hinter den ominösen Gruppen, die abwägen, wer leben darf oder sterben muss, und ihre Handlanger auf tödliche Missionen schicken? Welche Rolle spielt Janes geheimnisvoller Bruder? Was ist Illusion, Realität, Lüge, Wahrheit oder Täuschung? Und was ist Janes Aufgabe in diesem großen Puzzle, dem viele Teile fehlen? Unzählige Fragen, auf die man meist mehrere sich widersprechende Antworten erhält. Kompliziert und verwirrend, aber dennoch genial und spannend geschrieben. Entweder man liebt dieses Buch oder man hasst es.
Frederik Will
Story, die zum Diskutieren zwingt (Spoiler!!)
Das Erste, was mich an Bad Monkeys begeistert hat (weswegen es auch mein neues Lieblingsbuch ist), ist, dass es ein sehr empfindliches Thema gewählt hat: das menschliche Leben und sein Wert. Es ist nämlich sehr schwer, sich in „Kosten & Nutzen“ hineinzudenken, zu entscheiden, wann ein Mensch sein Leben nicht mehr wert ist, ob es überhaupt möglich ist, dass ein Mensch sein Recht auf das Leben verliert, ob es in Ordnung ist, dass jemand „zum allgemeinen Wohl“ stirbt oder dass aus demselben Vorwand jeder bis auf sein Persönlichstes überwacht wird.
Das Zweite ist die Darstellung von Gut und Böse. Es gibt ja offensichtlich die zwei Seiten, die Bande und die Organisation, aber das meine ich nicht unbedingt. Eher das Gute und Böse in der Organisation. Sind sie im Dienste des Friedens? Oder vollziehen sie nur Selbstjustiz?
Zu den beiden Sachen kommt eben das, weswegen ich dieses Buch so mag: Es beantwortet die Frage nicht selbst, sondern überlässt dem Leser viel Interpretationsraum (was heißt, dass es fast psychische Folter ist, wenn man es ohne eine Gruppe liest und nicht bespricht). Deshalb hat mir bei unserem Treffen der Meinungsaustausch so gefallen und ich fand interessant zu sehen, wie viele verschiedene Seiten diese Thematik in verschiedenen Personen weckt.
Und ein Punkt, der rein von der Struktur des Buches ausgeht, den ich aber dringend nennen muss, ist der Schluss. Dieser ist meiner Meinung nach nochmals eine Klasse für sich, was das Spannungsniveau angeht. Den Schluss fand ich so super, dass ich vor dem Treffen erst einmal nacheinander fünf Leuten immer mit dem komplett gleichen Text unterbreiten musste, warum er so toll ist. Ich fand den Abschluss aus folgendem Grund so großartig: In dem gesamten Roman gibt die Handlung die Ansichten der Wirklichkeit von verschiedenen Fronten und Personen wider. Die der Behörden, die der Bande, der Organisation, der Frau … Die Folge ist, dass man, besonders gegen Ende, einen Zweifel an jeder Aussage findet. Was am Anfang des Buches noch selbstverständlich war, habe ich zumindest gegen Ende infrage gestellt.
Aber eine einzige „Wahrheit“ hat der Leser von Anfang an, die ihr oder ihm vertrauteste Umgebung und Beziehung: der weiße Raum und das Verhältnis Psychologe – Insassin. Das zieht sich als Rahmenhandlung durchs Buch und gab dem Leser sonst immer die Sicherheit: „Egal was du grad gelesen hast und sie erzählt hat, wir sind zurück in der Gegenwart. Jetzt stimmt alles wieder.“
Und genau diese Sicherheit, dieses Unumstößliche wurde auf den letzten fünf Seiten kleingehackt, zwei Mal mit einer Dampfwalze geplättet, zehn Mal im Mixer püriert und dem Leser, dem der Mund (zumindest mental) offen steht, gewaltsam hineingestopft, ob der will oder nicht.
Im Ernst glaube ich nicht, dass man den Schluss nach einmaligem Lesen schon voll versteht und nachvollzieht. Andererseits, kann man ihn oder das ganze Buch überhaupt nachvollziehen?
Alles in allem: super Buch. Ich würde es auf jeden Fall empfehlen und auf jeden Fall liebend gerne immer weiter darüber diskutieren.
Martin Zeller
Bad Monkeys ist eines der wenigen Bücher, das mich zum Nachdenken gebracht hat. Die Grenze zwischen Realität und Fiktion ist verschwommen und wahrscheinlich für jeden Leser unterschiedlich. Anfänglich bin ich davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Buch um einen ziemlich skurrilen Fantasy-Roman handelt, doch nach und nach ist mir bewusst geworden, dass dieses Buch viel mehr ist. Janes ständiger Konflikt zwischen Gut und Böse wird von Matt Ruff faszinierend dargestellt und durch ihn für den Leser greifbar. Bis zur letzten Seite bleibt das Buch spannend und mitreißend. Erst dort ist mir aufgefallen, dass Janes gesamte Geschichte einen inneren Kampf ihrer Seele widerspiegelt. Ich finde dieses Buch sehr empfehlenswert und sehe es als ein Muss für alle Literaturliebhaber!
Tara Lanzendorfer
Ein Buch, das zwischen Gut und Böse, Realität und Fiktion, Gegenwart und Vergangenheit kontinuierlich hin- und her-„switched“ und somit die Grenze des Denkbaren und Undenkbaren verschwimmen lässt. Der Leser wird vollkommen in seinen Bann gezogen und man möchte das Buch erst wieder aus der Hand legen, wenn die Geschichte Janes zu Ende erzählt ist und auch die letzte Seite Besitz von einem ergriffen hat. Doch mit dem Lesen des Romans ist es hier noch nicht getan. Danach gilt es, seine in Unordnung geratenen Gedanken wieder zu ordnen und die Geschichte in den richtigen Kontext einzuordnen, um sich so ein Bild über den komplex verwobenen Inhalt zu machen. Zu einem absoluten Ergebnis wird man jedoch nie kommen, da dieses Buch viel Gesprächs- und Diskussionsstoff bietet und viel Raum für Interpretationen lässt.
Anna Modemann
Wie definiert man „böse“? (Spoiler!)
Es gibt viele Romane, die wohl unter die Bezeichnung „leichte Kost“ fallen. Man liest sie nebenbei und mit der letzten Seite ist nicht nur das Buch, sondern auch jeglicher Gedanke zum Inhalt abgeschlossen. Ein solches Buch ist Bad Monkeys nicht.
Schon während des Lesens habe ich gemerkt, dass man mit all seinen Gedanken beim Buch sein sollte, damit man das Kapitel nicht wieder von vorne anfangen muss. Das liegt keinesfalls an einer komplizierten Sprache (im Gegenteil: Die Worte könnten aus dem Mund eines Jugendlichen stammen.), vielmehr ist es die Skurrilität der Geschichte, die Jane Charlotte einem Therapeuten und dem Leser erzählt. Eigentlich kann man sich jedoch nur bei letzterem sicher sein, denn wirklich jeder versteht dieses Buch anders.
Während des ersten Teils des Romans ist man der festen Überzeugung, dass Jane Charlotte ein guter Mensch ist, der das Böse auf der Welt im Auftrag der „Behörde zur endgültigen Beseitigung von hoffnungslosen Fällen“ bekämpft. Danach fängt auch schon die Verwirrung an. Es geht so weit, dass der Leser sich am Ende selbst fragt, ob die Geschichte von Jane Charlotte wahr, teilweise wahr oder komplett erlogen ist. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage wird es aber nie geben und so ist Bad Monkeys ein Buch über das man endlos diskutieren könnte.
Für mich persönlich war es an einigen Stellen zu realitätsfern, dennoch war ich so gespannt auf das Ende, dass es mir nie in den Sinn gekommen wäre, es ohne jegliche weitere Berührung in dem hintersten Eck meines Bücherregals zu verstauen.
Denise Meyer
Drogen und Literatur trafen schon oft aufeinander, da einige Autoren durch eine Erweiterung der Realität ihre Meisterstücke zu Papier brachten. In Bad Monkeys bekommt der Leser selbst die Möglichkeit, die Realität zu erweitern. In der Lektüre verschwimmen vor allem gegen Ende Realität und Einbildung, was es dem Leser auch schwer macht, der Geschichte zu folgen. Am Ende bleibt ihm auch nichts anderes übrig, als die Entscheidung über Wirklichkeit und Einbildung zu treffen. Der Roman, der Elemente aus diversen Filmen, wie beispielsweise Inception oder The Truman Show beinhaltet, ist auch sprachlich an die Welt der Halluzinogene durch Wortneuschöpfungen und eine blühende Phantasie angepasst.
Allerdings verwirrt die Handlung auch, was sie mit Sicherheit auch soll, und trifft damit nicht jeden Geschmack, wie Drogen wohl auch.
Die Länge des Romans ist ziemlich übersichtlich und damit auch für Leute geeignet, die weniger Zeit fürs Lesen haben.
Robert Finkous
Ein wahnsinniger Trip durch die menschliche Psyche
Jane Charlotte berichtet in der psychiatrischen Abteilung eines Hochsicherheitstraktes einem Psychiater von zwei Geheimorganisationen, die ihr Leben lang ihre Entscheidungen und ihre Taten beeinflusst haben. Der Roman weckte in mir ein ständiges Interesse zur Herausarbeitung der vorhandenen oder auch nicht vorhandenen Unterschiede dieser zwei Organisationen. Nach und nach wird dem Leser klar, dass mehr hinter Charlotte und ihrer Geschichte stecken muss, als man zuerst ahnt, und man fängt an, alles zu hinterfragen: Wem und was kann man trauen? Was ist Illusion? Was ist die Wahrheit? Matt Ruff spielt sehr geschickt mit veränderlichen Wahrheiten und subjektiver Wahrnehmung. Der Leser wird immer wieder auf falsche Fährten geführt und überrascht. Ein sehr spannender, interessanter und packender Roman, den ich jedem empfehlen kann, der auf Eigeninterpretation steht.
Mark Prinz
Der Roman erzeugt mit der ungewohnten Situation, in der sich die Erzählerin befindet, sofort eine gewisse Grundspannung. Die Handlung ist schnell und unerwartet, wirkt aber trotzdem glaubwürdig. Im letzten Kapitel wird die Handlung extrem schnell, der Leser wird durch die X‑Drogen verwirrt und kann sich aus eigener Kraft kein sinnvolles Ende mehr vorstellen. Man erkennt zwar einige Hinweise auf mögliche Handlungsenden, wie zum Beispiel das pyramidenförmige Einkaufscenter als Repräsentant der Organisation. Anstatt aber die Geschichte elegant aufzulösen, lässt Ruff die Handlung mit einem Knall auseinanderbersten. Anschließend hat der Leser das unwiderstehliche Bedürfnis, die Handlung zu kitten, also zwischen der Realität und Fiktion im Buch zu trennen. Allerdings scheitert jede Interpretation, die der Realität viel Raum einräumt. Die Konstruktion eines Sinnes in der Handlung bereitet dem Leser noch lange Zeit viel Kopfzerbrechen. Wenn man diese Suche nach dem Sinn positiv sieht, ist es schade, dass sich aus anderen Werken von Ruff eine Interpretation für „Bad Monkeys“ erstellen lässt, die wie eine Veräppelung des Lesers erscheint. Man kann es so sehen, dass dies nicht besonders schlimm ist. Schließlich wurde der Leser in „Bad Monkeys“ sehr häufig hereingelegt. Man kann es als Musterbeispiel für Science-Fiction-Literatur sehen. Andererseits ist dieser letzte Streich anders als die vorherigen. Es bleibt das schale Gefühl zurück, dass sich aus der Interpretation mehr hätte machen lassen. Bad Monkeys ist wie eine Mine, dessen Schatz für immer ungehoben bleiben wird.
Yannick Wyss
Meine Bewertung: 7 von 10 Punkten. Warum? Die Geschichte ist zwar nicht tiefsinnig oder macht nachdenklich, aber die Handlung ist rasant und gleichzeitig ziemlich verschlungen, und das gefällt mir. Auch die Idee, halb aus der Sicht einer Verrückten (oder doch nicht?) und halb aus der Sicht eines Psychiaters (oder doch nicht?) zu schreiben, hat ihren Reiz, ebenso das sehr, sehr, sehr überraschende Ende…
Felix Augustin